VERLAUF & PROGNOSE

Eine ARVC-Erkrankung verläuft sehr individuell. Bei einer nachgewiesenen Genvariante für ARVC bzw. ACM muss die Erkrankung nicht unbedingt ausbrechen. Ob Träger einer ARVC-Genveränderung jemals erkranken – und wenn ja, wie schwer – kann nicht vorhergesagt werden. Allerdings gibt es bei einzelnen Genvarianten Besonderheiten, die einen Einfluss auf den Verlauf und die Prognose haben können.

Noch schwieriger ist die Vorhersage bei diagnostizierten ARVC-PatientInnen ohne Genvariante. Es gibt aber Hinweise, dass Familienangehörige von gen-negativen PatientInnen ein geringeres Erkrankungs- und Arrhythmierisiko haben als die von Familienangehörigen mit einer Genvariante.

Vielleicht haben Sie ARVC und Lebenserwartung gegoogelt und sind dabei auf einen Artikel gestoßen, in dem es verkürzt heißt, dass die Lebenserwartung bei ARVC 41 Jahre ist. Der Artikel stammt aus dem Jahr 2014 und bezieht sich auf eine in Deutschland äußerst seltene ARVC-Genvariante, die tatsächlich ein deutlich erhöhtes Risiko für einen plötzlichen Herztod hat (allerdings vor allem, wenn sie nicht diagnostiziert wurde). Tatsächlich können aber ARVC-Betroffene mit den in Deutschland typischen Genvarianten, wenn sie diagnostiziert und durch Medikamente und ggf. einen ICD geschützt sind, meist ein langes und weitgehend normales Leben führen.

Unterschiedliche Verläufe in der gleichen Familie

Auch innerhalb von Familien mit der gleichen Genveränderung sind alle Möglichkeiten von völliger Gesundheit, leichter Symptomatik bis hin zu schwerster Erkrankung gegeben, auch Art und Ausprägung der Symptome können völlig unterschiedlich sein. Man nennt das „Variable Expressivität“. Es bedeutet, dass nicht alle Träger einer krankheitsverursachenden Variante auf dem gleichen Gen die gleichen Krankheitszeichen, im gleichen Alter oder mit dem gleichen Schweregrad entwickeln. 

Beruhigend für viele Familien ist, dass Angehörige eines Indexpatienten (des Betroffenen in einer Familie, der als erstes diagnostiziert wird) mit einer nachgewiesenen Genvariante meist weniger schwer erkranken, öfter gar keine Symptome haben oder erst spät Symptome entwickeln, die meist milder ausfallen als beim Indexpatient. Meist treten bei ihnen Arrhythmien nur auf, wenn es bereits Veränderungen im EKG oder Echo/MRT gibt. Deshalb ist eine regelmäßige (meist jährliche) Kontrolle von Genvariantenträgern so wichtig, um frühe Erkrankungszeichen zu erkennen.

Sie haben es selbst in der Hand, Ihren Krankheitsverlauf zu beeinflussen! Die wichtigste Maßnahme neben einem grundsätzlich herzgesunden Lebensstil mit herzgesunder Ernährung ist die Einhaltung der Empfehlungen zum Sportverhalten. Leistungssport und hochintensiver Sport beschleunigen und verschlimmern ARVC, und durch einen Verzicht darauf können Sie Ihre Prognose deutlich verbessern.

Erkrankungsrisiko von symptomfreien Genvariantenträgern

Auch bei zu Beginn völlig symptomlosen Genvariantenträgern kann die Krankheit irgendwann im Laufe ihres Lebens ausbrechen. Unterschiedliche Studien errechnen ein Risiko zwischen 10 und 50%, im Laufe des Lebens zu erkranken. Das ist unter anderem auch abhängig von der spezifischen Genvariante. Die gute Nachricht: im Schnitt sind es nur ca. ein Viertel der Anlageträger, das heißt, die Mehrheit erkrankt auch bis ins hohe Alter nicht. Das Risiko, als Anlageträger zu erkranken, ist geschlechtsunabhängig (obwohl ARVC insgesamt mehr Männer betrifft, möglicherweise weil Männer öfter die erst-diagnostizierten Patienten in der Familie sind), steigt aber bei Ausdauer- und Leistungssportlern und mit dem Alter. Die meisten erkranken bis zum 50. Lebensjahr, nach dem 70. Lebensjahr kommen aber kaum noch Neu-Erkrankte dazu. Die neu auftretenden Symptome müssen aber auch nicht unbedingt schwerwiegend sein, und viele ARVC-PatientInnen erreichen trotz ihrer Erkrankung ein hohes Alter und sterben nicht selten aus ganz anderen Gründen.

Das Risiko für das Auftreten potentiell gefährlicher Herzrhythmusstörungen besteht ungefähr bei jedem 5. Genvariantenträger, mit einem höheren Risiko bei Männern und Sportlern.

Trägern einer Genvariante wird auch dann, wenn sie momentan symptomlos sind, empfohlen, sich regelmäßig (alle 1-2 Jahre) ärztlich untersuchen zu lassen. So kann ein Ausbruch der Krankheit rechtzeitig erkannt und insbesondere das individuelle Risiko für einen plötzlichen Herztod ermittelt werden, um die Entscheidung für eine medikamentöse Therapie oder in einigen Fällen die prophylaktische Implantation eines Defibrillators zu treffen. Diese Entscheidung sollte optimalerweise von auf ARVC spezialisierten Ärzten getroffen werden. Lesen Sie mehr dazu und zu Prognosefaktoren im Kapitel zur Risikoeinschätzung.

Die Rolle von Entzündungen

Entzündungen scheinen an der Krankheitsentstehung (Pathogenese) von ARVC beteiligt zu sein, und möglicherweise gibt es einen Zusammenhang mit dem Schweregrad der Erkrankung. Deswegen ist es sehr wichtig, sogenannte „hot phasesals ARVC-assoziiert zu erkennen.

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Verlauf & Prognose – Häufig gestellte Fragen

Nein. Die gute Nachricht ist: die überwiegende Anzahl der Mutationsträger erkrankt gar nicht in ihrem Leben. Wichtig ist, dass man regelmäßig untersucht wird, um frühe Zeichen der Erkrankung bei den im Schnitt 25% Betroffenen rechtzeitig zu erkennen.

Der Erkrankungsgipfel liegt im 20. – 40. Lebensjahr, im Mittel bei ca. 30 Jahren.

In älteren Veröffentlichungen steht noch, dass Kinder normalerweise nicht vor dem 10. Lebensjahr erkranken und deshalb erst ab diesem Alter untersucht werden müssen. Allerdings sind mittlerweile einige Fälle bei jüngeren Kindern beschrieben und dokumentiert worden. Deshalb sollten unserer Ansicht nach auch Kinder bereits regelmäßig ab einem Alter von etwa 6 – 8 Jahren untersucht werden, wenn sie Genvariantenträger sind oder ein Familienmitglied an ARVC erkrankt ist.

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Letzte Aktualisierung: 30.11.2024

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