Alle ARVC-Patienten und -Patientinnen hoffen darauf: auf die Entwicklung neuer Medikamente, die ARVC irgendwann einmal heilen oder zumindest den Krankheitsverlauf aufhalten können.
Tatsächlich starten 2023/24 die ersten Vorstudien oder sogar erste klinische Studien mit Gentherapien. Dabei wird ein verändertes Gen ersetzt oder inaktiviert. Derzeit arbeiten drei Pharmafirmen an Gentherapien für Patienten mit PKP2-Genvarianten. Studien für andere Genvarianten befinden sich noch in einem früheren Stadium.
Bei allen derzeit in Vorbereitung befindlichen Gentherapien wird ein sogenannter Adeno-assoziierter viraler (AAV) Vektor verwendet (ähnlich wie bei der Covid-Impfung). Langzeitwirkungen dieser Art der Therapie sind derzeit noch nicht bekannt.
Studien mit der Genschere CRISPR/Cas9 sind derzeit nur für die niederländische Gründermutation PLN p.R14del in Vorbereitung. Studien mit einer neueren Technologie, den „Baseneditoren“, bei der das veränderte Gen repariert bzw. durch ein gesundes Genstück ersetzt wird, sind für die ARVC derzeit noch nicht in Erprobung.
Wann und wo laufen erste Studien zur Gentherapie?
In den USA werden von drei Pharmafirmen bereits Patienten für sogenannte Phase-1/2-Studien rekrutiert, die mit einer vektorbasierten Gentherapie behandelt werden. In dieser Phase 1/2 werden zunächst Dosis, Wirksamkeit und andere wichtige Sicherheitsparameter an ganz wenigen ausgewählten Patienten getestet, um neben der Wirksamkeit auch schwerwiegende akute Nebenwirkungen auszuschließen.
Ein paar wenige deutsche Zentren (Münster und Würzburg) rekrutieren von Herbst 2024 – März 2025 für Vorstudien (sogenannte Phase-0-Studien). Hierbei wird zunächst geprüft, welche Patienten mit einer PKP2-Genveränderung sich eignen in Bezug auf ihren Antikörper Status gegen AAV. Damit der AAV-Vektor den Inhalt des Genersatzes erfolgreich übertragen kann, muss er bereits vorhandene neutralisierende Wirtsantikörper umgehen und an die Rezeptoren der Zielzellen binden.
Mehr Information finden Sie auf unserer Seite „Studien“.
Kann ich an einer Phase-0-Gentherapiestudie teilnehmen?
Die ersten Phase-0-Studien in Deutschland sind im Jahr 2024 angelaufen. Zunächst muss geklärt werden, ob Sie die Zulassungskriterien für zukünftige Studien erfüllen. Hierfür werden in Vorstudien (Phase 0) geeignete Patienten gesucht. Voraussetzung ist, eine krankheitsverursachende PKP2-Variante und TrägerIn eines ICDs zu sein. Es gibt einige andere Einschluss- und Ausschlusskriterien, die von Studie zu Studie variieren können. Die Teilnahme an einer Phase-0-Studie ist zunächst weitgehend risikofrei, da hier eine Art Patientenregister aufgebaut und der Antikörper Status gegen AAV bestimmt wird für eventuelle zukünftige Gentherapiestudien an PatientInnen. Die Teilnahme an dieser Phase stellt keine Verpflichtung für eine spätere Teilnahme an Phase 1 oder 2 dar.
Nur an den Universitätskliniken in Münster und Würzburg wird von Herbst 2024 – März 2025 für diese Phase-0-Studie rekrutiert. Mehr Information finden Sie auf unserer Seite „Studien“.
Kann ich an einer Phase-1/2-Gentherapiestudie teilnehmen?
Nein, das ist derzeit in Deutschland nicht möglich, da es momentan (Stand 02/2025) in Deutschland für ARVC keine Gentherapiestudien in der Phase 1 oder 2 gibt. Sollte dies später der Fall sein, müsste zunächst geklärt werden, ob Sie die strengen Zulassungskriterien für die Studie erfüllen. Dafür kann es hilfreich sein, wenn Sie bereits über die Phase-0-Studie in Deutschland als potentieller Kandidat registriert sind. Bei der Entscheidung, ob die Teilnahme an einer klinischen Studie für Sie in Frage kommt, sollten Sie die verschiedenen Optionen abwägen.
Alle PKP2-Gentherapiestudien, die über Phase 0 hinausgehen (RP-A601, LX2020 und TN-401), werden derzeit in den USA durchgeführt.
Sollte ich später an einer Phase-1/2-Gentherapiestudie teilnehmen?
Die Teilnahme an einer Studie ist eine persönliche Entscheidung, und die Teilnahme an einer Gentherapie-Studie in einer frühen Phase ist eine sehr wichtige Entscheidung. Bevor Sie sich für eine Gentherapie-Studie anmelden, sollten Sie sich über die Ziele der Studie im Klaren sein und berücksichtigen, welche Erwartungen an Sie gestellt werden und welche Risiken und Vorteile die Studie mit sich bringt, bevor Sie einer Teilnahme zustimmen. Gentherapiestudien haben strenge Protokolle, und es ist sehr wichtig, dass Sie in der Lage sind, sich an diese zu halten. Die Teilnahme ist nicht für jeden geeignet, und das ist auch in Ordnung.
Jeder Mensch hat andere Erfahrungen/Umstände, wie z. B. unterschiedliche Ausprägungen der Symptome, Medikamente und deren Nebenwirkungen, ICD-Schocks, Katheterablation usw., die eine Rolle dabei spielen, wie stark sich die ARVC auf sein Leben auswirkt. Jeder Mensch hat auch eine unterschiedliche Risikotoleranz und unterschiedliche Beweggründe für seine Entscheidung, an einer Gentherapie-Studie in einer frühen Phase teilzunehmen. Mögliche Risiken und Nebenwirkungen müssen daher sorgfältig und individuell gegen den möglichen Nutzen abgewogen werden.
Was gibt es noch für therapeutische Ansätze?
Außer der Gentherapie suchen viele Forscher weltweit nach Medikamenten, die bestimmte Vorgänge in den Herzmuskelzellen, die durch die genetischen Veränderungen nicht funktionieren, blockieren oder aktivieren. Z.B. hofft man, dass Medikamente, die bereits für andere Erkrankungen auf dem Markt sind, auch bei ARVC zu einer Verbesserung der Symptome führen könnten.
Hier werden verschiedenste Substanzen im Zell- oder Tierversuch ausprobiert. Das nennt man „Drug Repurposing“ und hat den Vorteil, dass der Zulassungsweg nicht so lange dauert wie bei einem neuen Medikament. Es muss lediglich die Indikation für den Einsatz des Medikaments um ARVC erweitert werden. Dazu muss aber ein hoher Zusatznutzen gegenüber den konventionellen Therapien wie Betablocker nachgewiesen werden, was nicht so einfach ist.
Ein Beispiel, wo das (nicht ARVC-spezifisch) geklappt hat: durch Zufall hat man herausgefunden, dass sogenannte SGLT2-Hemmer, die normalerweise bei Diabetes eingesetzt werden, auch bei Nicht-Diabetikern eine Herzschwäche verbessern können.
Bisher haben es nur vereinzelt Medikamente bis in die klinische Phase der Studie an ARVC-Patienten oder -Patientinnen geschafft. Ausnahmen sind beispeilsweise diese: in den USA läuft eine Studie zu IC14 (atibuclimab) bei ARVC, in Kanada die TaRGET-Studie mit Glykogen Synthase Kinase-3 Inhibitoren.
- WICHTIG
Die ARVC-Selbsthilfe ist nicht an ein bestimmtes pharmazeutisches Unternehmen oder eine spezifische Studie gebunden und finanziell unabhängig von der Industrie (siehe dazu auch unsere jährliche Selbstauskunft). Das bedeutet, dass wir als unvoreingenommene Informationsquelle für Sie fungieren und Fragen oder Bedenken nach bestem Wissen und Gewissen adressieren können.
Mehr erfahren
Fachartikel zu ARVC gesamt
Fachartikel zu Therapien
Vortragsfolien „ARVC-Forschung“, Prof. Dr. med. Larissa Fabritz (2023)
Vortragsfolien „Zukunftsausblick“, Prof. Dr. med. Brenda Gerull (2019)
Video des Vortrags „ARVC-Forschung“, Prof. Dr. med. Larissa Fabritz (2023)
Video des Vortrags „Zukunftsausblick für ARVC“, Prof. Dr. med. Brenda Gerull (2019)
FAQ Gentherapie – Häufig gestellte Fragen
- Welche Art von Patienten wird an der klinischen Prüfung teilnehmen?
- Wie viele Patienten werden für die klinische Prüfung benötigt?
- Was wird von mir als Teilnehmer erwartet?
- Wie lange wird die Studie dauern und wo werde ich überwacht?
- Werde ich reisen müssen, um an der Studie teilzunehmen?
- Werden meine Reise- und Hotelkosten im Rahmen der Studie übernommen?
- Wie hoch sind die Kosten, die mir durch die Teilnahme an der Studie entstehen?
- Wie lange werde ich nach der Infusion des Studienmedikaments am Studienort bleiben müssen?
- Wie oft muss ich zur Nachuntersuchung in das Studienzentrum reisen?
- Mit welchen Tests und/oder Verfahren werde ich überwacht und wie oft?
- Wurde diese Behandlung schon einmal getestet?
- Gab es bereits andere Studien, die mit dieser Studie vergleichbar sind? Wenn ja, wie lauteten die Ergebnisse?
- Was sind die Risiken der vektorbasierten Gentherapie?
- Welche Sicherheitsprotokolle gibt es?
- Hat das Unternehmen, das die Gentherapie erprobt, bereits Erfahrungen mit früheren Gentherapie-Studien bei anderen Herzkrankheiten? Wenn ja, welche Ergebnisse liegen zu den früheren Studien vor?
- Was sind die Vorteile für mich und der langfristige Nutzen für mich und andere?
- Kann ich die Einwilligungserklärung vorher einsehen und in Ruhe durchlesen, bevor ich mich entscheide?
- Welche Erfahrung hat das teilnehmende Zentrum mit der Behandlung von erwachsenen ARVC-Patienten?
- Muss ich meine Lebensweise ändern, um an der Studie teilnehmen zu können und wenn ja, wie?
- Was geschieht, wenn das Unternehmen, das die klinische Studie finanziert, die Studie abbricht, während ich an der Studie teilnehme?
- Kann ich weiterhin zu meinem betreuenden Arzt gehen, wenn ich in der Nachbeobachtungsphase eine Arrhythmie habe, oder muss ich in das Studienzentrum gehen?
- Werde ich über die Ergebnisse der klinischen Prüfung informiert?
- unerwünschte Reaktionen des Immunsystems
- das Virus, das verwendet wird, kann die falschen Zellen angreifen
- Infektionen
- möglicherweise langfristig die Auslösung von Krebs
- weitere Risiken, die vom speziellen Design der Studie abhängen
- es kann noch weitere Risiken geben, die derzeit noch unbekannt sind
AAV-Mediated Delivery of Plakophilin-2a Arrests Progression of Arrhythmogenic Right Ventricular Cardiomyopathy in Murine Hearts: Preclinical Evidence Supporting Gene Therapy in Humans
van Opbergen CJM, Narayanan B, Sacramento CB et al. Circ Genom Precis Med. 2024 Feb;17(1):e004305
https://doi.org/10.1161/circgen.123.004305
Informationen über Gentherapien bei der SADS Foundation, USA
https://sads.org/research/information-about-gene-therapy/
Gene Therapy in Arrhythmogenic Right Ventricular Cardiomyopathy ARVC
Englischer Vortrag von Dr. Andreas Barth, Assistant Professor of Medicine, Director Center of Inherited Heart Diseases, Johns Hopkins University, Baltimore, Maryland, USA
https://www.youtube.com/watch?v=UYv3yav-iFA
Letzte Aktualisierung: 20.02.2025
Fachliche Überprüfung: Prof. Dr. med. Brenda Gerull
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