Umgang
mit psychischen Herausforde-
rungen bei ARVC

Wie kann es gelingen, mit der Diagnose ARVC wieder “Normalität” zu finden, in belastenden Situationen mit Angst und Ungewissheit umzugehen? Was hilft, psychische Stabilität zu gewinnen? 

Die Auseinandersetzung mit der Erkrankung und ihren Folgen braucht Zeit. Das erleben viele Betroffene. 

Jeder Mensch hat im Laufe seines Lebens Strategien entwickelt, mit Herausforderungen und Krisen umzugehen. Dies wird auch als “Resilienz” bezeichnet. Verschiedene Faktoren können dazu beitragen, diese Art der Widerstandsfähigkeit zu stärken. 

Was hilft?

Wir haben hier für Sie einige Bausteine zusammengetragen, die zu einem gesunden Umgang mit dem Thema ARVC verhelfen können:

Bei den meisten Betroffenen ist die ARVC-Diagnose gerade zu Beginn mit häufigen Arztbesuchen verbunden. Dabei können aber unter Umständen viele Themen noch ungeklärt bleiben, was mit innerer Unruhe und ständiger Beschäftigung mit der Situation verbunden sein kann. 

Bei all dieser Ungewissheit ist es wichtig, einen Arzt des Vertrauens als Ansprechpartner zu haben, am besten vor Ort. Ihr Arzt sollte Sie kennen und Sie sollten sich mit Ihren Gedanken und Sorgen von ihm verstanden fühlen. Im gemeinsamen Gespräch kann eine Vorgehensweise festgelegt werden, wie die Behandlung aussehen soll. Idealerweise werden medizinische Entscheidungen in gemeinsamer Absprache von Patient und Arzt getroffen („shared decision making“).

Oft ist es sinnvoll, zu Beginn und bei wichtigen medizinischen Entscheidungen einen ARVC-Spezialisten zu Rate zu ziehen. Die weitere Behandlung und Betreuung kann aber auch ein gut informierter Hausarzt oder ein niedergelassener Kardiologe übernehmen. Der Hausarzt ist meist niederschwellig und direkt erreichbar, kennt Sie als Patienten oft langjährig und hat dabei auch weitere Erkrankungen im Blick. 

Das Vertrauen in die richtige Behandlung und die Gewissheit, auch im Akutfall einen zuverlässigen Ansprechpartner zu haben, kann einer der Schlüssel sein, um innerlich Ruhe zu finden. Eine angemessene Behandlung von Beschwerden und die regelmäßige Überprüfung, welche Strategien (z.B. Medikamente, Ablation) hierfür geeignet sind, führt darüber hinaus zu einer Verbesserung des körperlichen Wohlbefindens und hat damit auch eine entscheidende Auswirkung auf die Lebensqualität. 

Die Suche nach einer solchen medizinischen Vertrauensperson ist unter Umständen nicht ganz einfach und erfordert manchmal Geduld und Durchhaltevermögen.

Grundlage für einen angemessenen und meist entlastenden Umgang mit der Erkrankung ist eine umfassende Information: wer gut informiert ist, fühlt sich handlungsfähiger und weniger ausgeliefert. 

Eine gute Kenntnis von Fakten, die über die Erkrankung bekannt sind (Ursache, Verlauf, Prognose, Risiken), befähigt zu einer angemessenen Einordnung und zu einer realistischen Einschätzung von Beschwerden und Zukunftsaussichten. 

Auch ist es hilfreich, sich mit den Zusammenhängen von Psyche und Körper auseinanderzusetzen. So kann ein geschärftes Bewusstsein dafür, ob Beschwerden psychisch oder körperlich bedingt sind, geschaffen werden.  

Informieren Sie sich ausgiebig auf unserer Homepage über medizinische Themen und zu Aspekten rund um das Leben mit ARVC oder kommen Sie zu unseren Veranstaltungen wie Vorträgen oder Q&A-Sessions.

Immer wieder bekommen wir die Rückmeldung, dass es einfach gut tut, sich mit anderen, die sich in der gleichen Lebenslage befinden, auszutauschen. 

Themen sind dabei z.B. Erfahrungen mit ARVC-Spezialisten, der Umgang mit Belastungen und Stress im Alltag, das Leben mit einem Defibrillator, die berufliche Situation, familiäre Aspekte und viele weitere Fragen. 

Es tut gut, sich verstanden zu fühlen, mit all diesen Themen nicht alleine zu sein und zu merken, dass ein “normales” Leben mit ARVC/ ACM möglich ist. Das macht Mut, zuversichtlich in die Zukunft zu schauen und das eigene Leben mit ARVC/ ACM gut zu gestalten. 

Unsere aktuellen Austauschangebote finden Sie hier.

Sei es nach einem überlebten plötzlichen Herztod, der Implantation eines ICD, Mut- oder Antriebslosigkeit, in der Auseinandersetzung mit familiären Problemen oder bei kreisenden Gedanken, die den Alltag nahezu unmöglich machen: um psychische Herausforderungen zu bewältigen, kann es angebracht sein, sich professionelle Hilfe zu suchen. Spezialisten können einschätzen, welche Ansätze und Methoden geeignet sind und wie persönliche Ziele am besten erreicht werden können. 

Hier finden Sie weitere Informationen und Adressen rund um das Thema Psychotherapie.

Nicht nur körperliche Belastung, sondern auch psychische Faktoren können im Körper Stress erzeugen. Der Körper schüttet dann Stresshormone, wie Adrenalin und Noradrenalin, aus, was zu einem Anstieg der Herzfrequenz führt.

Medikamente wie Betablocker können ein Stück weit vor diesen Stressreaktionen schützen. Dennoch ist es ratsam, Strategien zum persönlichen Umgang mit Stress zu etablieren und einzuüben.

Alltägliche Stressoren 

Alltägliche Stressfaktoren sollten bewusst wahrgenommen und auf ein gut verträgliches Maß begrenzt werden. Es lohnt sich, herauszufinden, welche Situationen in besonderem Maße Stress erzeugen und wie diese reduziert oder vermieden werden können.

Beispiele:

  • Stressvermeidung im beruflichen Kontext (siehe auch Beruf)
  • Angepasstes Zeitmanagement im Alltag (z.B. mehr Zeit zum Bus einplanen, Pausen einlegen, etc.)
  • Achtsamer Umgang mit emotional aufregenden Situationen (z.B. Lampenfieber)
  • Vermeiden von dauerhaft störenden oder starken Geräuschquellen
  • Bewusster Umgang mit belastenden Nachrichten und Informationen


Entspannungsverfahren
 

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, wie einerseits der Herzrhythmus selbst, andererseits auch das psychische Wohlbefinden positiv beeinflusst werden können. Hierbei spielt das vegetative Nervensystem (Sympathikus/ Parasympathikus) eine entscheidende Rolle. Es gibt einige Verfahren, deren positiver Effekt nachgewiesen ist.

Manchmal sind Ausprobieren und Geduld notwendig, um die individuell beste Methode ausfindig zu machen. Fast alle Verfahren benötigen etwas Übung und Regelmäßigkeit, bis der gewünschte Effekt deutlich zu bemerken ist.

Eine gute Möglichkeit, in verschiedene Verfahren hineinzuschnuppern, bieten sich oft in Reha-Maßnahmen. Viele gesetzliche Krankenkassen bezuschussen außerdem auch Kurse vor Ort. Diese lassen sich z.B. über die Gesundheitskurssuche der jeweiligen Krankenkasse finden.

Beispiele für etablierte Methoden:

  • Progressive Muskelentspannung (PMR)
  • Autogenes Training und andere Achtsamkeitsübungen
  • Meditation und andere spirituelle Übungen
  • Entspannende Sportübungen, wie Yoga oder Tai Chi
  • Atemtechniken
  • Imaginative Entspannungsübungen und Phantasiereisen
  • MBSR (Mindful based stress reduction)
  • Hypnose
  • Körpertherapien und Behandlung durch Alternative Medizin, wie Traditionelle Chinesische Medizin (TCM), Osteopathie oder Akupunktur

Ein wichtiger Resilienzfaktor ist die Einbindung in soziale Strukturen (Familie, Freunde, Bekannte, Nachbarn, Selbsthilfe, “ARVC-Familie”). Sind diese ausreichend vorhanden und gepflegt, können belastende Situationen besser gemeistert werden. 

Durch die Anbindung und den Kontakt zu Menschen können folgende wichtige Faktoren der psychischen Sicherheit erfüllt werden: 

  • Sich-nicht-alleine-Fühlen
  • Aufgehoben-Sein
  • Angenommen-Sein - unabhängig von eigener Leistung, egal ob krank oder gesund
  • Ablenkung, “Erdung”
  • Feedback von außen
  • Gebraucht-Werden
  • Nicht nur um sich selbst kreisen
  • Entlastung, ein offenes Ohr finden
  • Praktische Hilfe (z.B. Einkäufe, Kinderbetreuung etc.)

All dies sollte dazu ermutigen, sich nicht zurückzuziehen und soziale Kontakte aufrechtzuerhalten oder sogar neu aufzunehmen - auch wenn es manchmal schwer fällt. 

In der Auseinandersetzung mit der Diagnose ARVC und ihren Auswirkungen wird oft klar, dass manches nicht mehr möglich ist wie zuvor. Dann geht es darum, von alten Maßstäben abzurücken, Veränderungen anzunehmen und eine neue Normalität zu schaffen. Manchmal ist es auch hilfreich, in einem solchen Prozess mit Abstand auf das veränderte, eigene Leben zu schauen, z.B. durch eine Auszeit oder mehrwöchigen Reha. 

Folgende Fragen können bei der Neuorientierung helfen:

  • Welche Möglichkeiten stecken in mir, die mir noch nicht bewusst waren und “arvc-verträglich” sind?
    Persönliche Ressourcen neu entdecken, Begabungen (ggf. auf anderer Ebene als zuvor) entfalten, neue Schwerpunkte setzen

  • Wo und wie kann ich trotz Erkrankung nützlich sein und als Person etwas bewirken?
    Neue Rollen in Familie oder Beruf zulassen, Ausübung eines Ehrenamts (Ehrenamtsagenturen, Selbsthilfezentren), … 

  • Wie kann ich mich (auch körperlich) entlasten? 
    Lernen, Hilfe anzunehmen und eigene Ansprüche zu senken, stressauslösende Situationen vermeiden, bei Bedarf auf Lieferdienste zurückgreifen und Verantwortung abgeben.
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  • Wie kann ich mich mit meiner Erkrankung und evtl. körperlichen Veränderungen akzeptieren?
    Ein neues Selbstbild entwickeln. 

  • Wie kann ich mir etwas Gutes tun?
    Selbstfürsorge erlernen. 

  • Was traue ich mir zu?
    Den eigenen Spielraum immer wieder austesten und evtl. erweitern. 

  • Was trägt mich?
    Spiritualität & Lebenssinn

ARVC als Chance

Für einige Betroffene zieht die Diagnose ARVC Veränderungen nach sich. Sei es in beruflicher Hinsicht, im Familiensystem, in der Freizeitgestaltung oder auch im Hinblick auf innere Themen, wie den Blick auf das Leben oder den eigenen Umgang mit Stress. Lieb gewonnene und gewohnte Dinge aufzugeben oder eigene Ansprüche zu senken, fällt dabei nicht leicht. 

Diese Prozesse können manchmal aber auch positive Aspekte mit sich bringen. Nicht selten hören wir, dass Veränderungen, die zuerst schwierig waren, rückblickend von den Betroffenen als sehr gut oder gar als “notwendig” bewertet werden.

Sehen Sie trotz aller Schwierigkeiten die ARVC vielleicht also auch als Chance.

Möglicherweise gewinnen Sie… 

  • Eine Menge an Lebenserfahrung
  • Tiefes Verständnis für Menschen in ähnlichen Lagen
  • Bewusstes Leben: Blick und Wertschätzung für kleine Dinge im Alltag
  • Eine Umorientierung, die Sie sonst nie vollzogen hätten
  • Neue Freundschaften
  • Eine vertiefte Kenntnis über Sie selbst, Ihre inneren Einstellungen und Glaubenssätze


Haben Sie Mut, neue Wege zu gehen!

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Letzte Aktualisierung: 07.10.2024

Die Informationen dieser Website ersetzen keine ärztliche/ psychotherapeutische Beratung. Jeder Fall ist individuell. Gesamteinschätzung, Diagnose und Auswahl einer angemessenen Therapie gehören daher immer in die Hände eines erfahrenen Arztes oder Psychotherapeuten.