SCHWANGER
MIT ARVC –

MEDIZINISCHE ASPEKTE

Obwohl eine Schwangerschaft ähnliche physiologische Mechanismen wie intensiver Sport aufweist und eine Schwangerschaft manchen Frauen wie ein neun Monate andauernder Marathon vorkommt, sind die Berichte über Schwangerschaften mit ARVC ermutigend. 
Ausführliche Informationen zu der Studienlage und medizinischen Leitlinien zu Schwangerschaft und Geburt finden Sie hier.

Kritisch kann eine Schwangerschaft bei Patientinnen mit ausgeprägter Herzschwäche sein. Sie sollten auf das Risiko einer Verschlechterung der Herzschwäche durch eine Schwangerschaft hingewiesen werden. Auch bei einer sehr hohen Arrhythmielast kann eine Schwangerschaft problematisch sein.

Schwanger mit ARVC – was tun?

Sobald Sie schwanger sind, sollten Sie Ihren Kardiologen/ihre Kardiologin informieren, um einen ersten Termin zu vereinbaren. 

Idealerweise sollte eine Beratung durch ein multidisziplinäres Team in einer Spezialambulanz erfolgen, um das Risiko einer Schwangerschaft für die werdende Mutter nach der modifizierten Klassifikation der World Health Organization einzuschätzen. Unserer Erfahrung nach existieren solche Teams aus Kardiologen, Gynäkologen und Geburtshelfern, wie sie in Leitlinien empfohlen werden, in Deutschland allerdings nur selten.

Wenn nicht bereits kurz vor der Schwangerschaft passiert, sollte bei der schwangeren ARVC-Patientin ein kompletter kardiologischer Check-Up mit EKG, Ultraschall (Echo) und Belastungs-EKG zur Risikoeinschätzung erfolgen. 

Wenn die Themen Medikamente und/oder ICD bzw. sonstige diagnostische und therapeutische Maßnahmen nicht bereits vor der Schwangerschaft besprochen wurden, sollte dies nun erfolgen. Setzen Sie auf keinen Fall eigenmächtig Medikamente ab, sondern besprechen Sie das schnellstmöglich mit Ihrem/r Kardiologen/-in!

Vereinbaren Sie mit Ihrer Kardiologin/Ihrem Kardiologen, wie oft er Sie in der Schwangerschaft sehen möchte. Die Häufigkeit der Kontrollen richtet sich nach der individuellen Situation.

Auch die Wahl einer geeigneten Geburtsklinik sollte nun in Absprache mit dem betreuenden Gynäkologen/Gynäkologin diskutiert und dort ein Vorstellungstermin vereinbart werden. Mehr dazu hier.

Bei den Kontrollen sollte darauf geachtet werden, dass Elektrolyte (insbesondere das Kalium) kontrolliert und ggf. ausgeglichen werden sollten. Unserer Erfahrung nach passieren die wenigen unerwünschten Events in der Schwangerschaft fast immer bei einem niedrigen Kaliumspiegel (<4,0 mmol/l). Bei Veränderungen in den Laborwerten der Schilddrüse (insbesondere eine Schilddrüsenüberfunktion oder Hyperthyreose) sollte die Hormonbalance durch Medikamente wiederhergestellt werden. Außerdem sollte eine Anämie (Blutarmut, niedriger Blutfarbstoff Hb) frühzeitig behandelt werden, um das Herz nicht noch mehr zu belasten.

Informieren Sie im weiteren Verlauf der Schwangerschaft Ihren Arzt/Ihre Ärztin unbedingt, wenn für Sie beunruhigende Symptome auftreten. In den meisten Fällen kann dann Entwarnung gegeben werden. Bei neu auftretenden Rhythmusstörungen, die vor der Schwangerschaft nicht bestanden, sollte unbedingt eine Abklärung erfolgen.

Symptome in der Schwangerschaft

Herz-Beschwerden können in der Schwangerschaft subjektiv oder objektiv gleichbleiben, sich verschlechtern oder sogar verbessern. Inwieweit das auch wissenschaftlich nachvollziehbar ist, können Sie hier nachlesen.

Manche Beschwerden, die sehr typisch für eine Schwangerschaft sind (z.B. schwacher Kreislauf, Rückgang der Leistungsfähigkeit, erhöhter Puls), können zunächst alarmierend wirken, da sie Herzproblemen ähneln können. Hier ist eine vertrauensvolle Beziehung zum behandelnden Arzt oder Ärztin hilfreich, um zügig eine richtige Einschätzung der Symptome zu treffen und Sorgen zu reduzieren. So ist beispielsweise der Anstieg der mittleren Herzfrequenz von 60/min. auf 80/min. in der zweiten Schwangerschaftshälfte völlig normal und tritt auch bei gesunden Schwangeren auf. Sie normalisiert sich schnell innerhalb von zwei Wochen nach der Geburt.

Andere in der Schwangerschaft neu aufgetretene Symptome können in den ersten 6-12 Monaten nach der Geburt auch wieder verschwinden, so wie sie gekommen sind. So lange braucht der Körper in der Regel, bis sich alle Veränderungen, die in der Schwangerschaft stattgefunden haben, zurückbilden. Erfahrungen zeigen auch, dass Symptome nach den ersten zwei bis drei Lebensjahren des Kindes zurückgehen können, sobald die Nächte ruhiger und Aspekte des Alltags möglicherweise weniger anstrengend sind.

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FAQ Schwangerschaft – Häufig gestellte Fragen

Das Erfahrungsspektrum unter unseren Mitgliedern ist sehr unterschiedlich: 

Bei einigen Frauen gingen Extraschläge während der Schwangerschaft zurück, es gab sogar Aussagen, dass die Betroffenen in ihrer Schwangerschaft so wenig Beschwerden hatten wie nie. 

Andere berichteten, dass sie während der Schwangerschaft und/oder im ersten Jahr nach der Geburt mehr Beschwerden (z.B. Herzstolpern) hatten oder auch, dass sie diese stärker fühlten. Zumeist war dies in einem medizinisch nicht problematischen Bereich, stellte aber dennoch eine zusätzliche psychische Belastung dar. 

Viel Ruhe (z.B. durch ein Beschäftigungsverbot) hatte bei unseren Mitgliedern eine positive Auswirkung auf ihre Herzrhythmusstörungen.

Dramatische Herzrhythmusstörungen traten bei einer Schwangeren auf, die von der Erkrankung bis dahin nichts wusste und deren Diagnose erst nach der Schwangerschaft gestellt wurde. Trotz eines überlebten plötzlichen Herztods in der Frühschwangerschaft brachte sie später ein gesundes Kind zur Welt. Dieses Ereignis wäre womöglich vermeidbar gewesen, wenn sie vorher entsprechende Medikamente erhalten hätte.

Ein Mitglied, das bereits vor der Schwangerschaft viele Arrhythmien hatte, erlebte ein Event im Zusammenhang mit einem niedrigen Kaliumspiegel. Eine optimalere Einstellung ihrer Medikamente oder eine Ablation vor der Schwangerschaft hätte dies vielleicht verhindern können.

Daher gilt immer: eine gute Einstellung vor der Schwangerschaft erspart einem in der Schwangerschaft viel Ärger!

Pocket-Leitlinie: Kardiomyopathien - Leitlinien für das Management von Kardiomyopathien (Version 2023)
Meder B, Eckardt L, Falk V et al. Deutsche Gesellschaft für Kardiologie – Herz- und Kreislaufforschung e.V. (2023) - ESC Pocket Guidelines, Börm Bruckmeier Verlag GmbH
https://leitlinien.dgk.org/2024/pocket-leitlinien-kardiomyopathien-version-2023/

2023 ESC Guidelines for the management of cardiomyopathies
Arbelo E, Protonotarios A, Gimeno JR et al. ESC Scientific Document Group, Eur Heart J. 2023 Aug 25:ehad194
https://doi.org/10.1093/eurheartj/ehad194

Kardiale Risikoschwangerschaft: Wer herzkrank in eine Geburt geht, benötigt besondere Betreuung
Lenzen-Schulte M; Dtsch Arztebl 2023; 120(48): A-2051 / B-1741
https://www.aerzteblatt.de/archiv/235463/

Pocket-Leitlinie: Ventrikuläre Arrhythmien und Prävention des plötzlichen Herztodes (Version 2022)
Eckardt L, Bosch R, Falk V, et al. Deutsche Gesellschaft für Kardiologie – Herz-und Kreislaufforschung e.V. (2023) ESC Pocket Guidelines.
https://leitlinien.dgk.org/2023/pocket-leitlinie-ventrikulaere-arrhythmien-und-praevention-des-ploetzlichen-herztodes-version-2022/

2022 ESC Guidelines for the management of patients with ventricular arrhythmias and the prevention of sudden cardiac death
Zeppenfeld K, Tfelt-Hansen J, de Riva M et al. Eur Heart J. 2022 Oct 21;43(40):3997-4126
https://doi.org/10.1093/eurheartj/ehac262

Arrhythmogenic Right Ventricular Cardiomyopathy Prevalence and Arrhythmic Outcomes in At-Risk Family Members: A Systematic Review and Meta-Analysis
Sharma A, Bosman LP, Tichnell C et al. Circ Genom Precis Med. 2022 Jun;15(3):e003530
https://doi.org/10.1161/circgen.121.003530

Pregnancy in arrhythmogenic cardiomyopathy
Wichter T, Milberg P, Wichter HD, Dechering DG. Herzschrittmacherther Elektrophysiol. 2021 Jun;32(2):186-198
https://doi.org/10.1007/s00399-021-00770-7

Living with SADS: Pregnancy with a SADS Condition
Danna Spears, MD, University Health Network, Toronto Canada; Ana Morales, MS, GC, Medical Affairs Liaison at Invitae; Janette Strasburger, MD, Medical College of Wisconsin Children’s Hospital of Milwaukee
Video der SADS Foundation vom 11.03.2021
Informationen zur Schwangerschaft mit ARVC findet sich bei 15:30 - 20:00 Minuten, der andere Teil des Videos beschäftigt sich mit anderen arrhythmischen Erkrankungen
Video "Living with SADS: Pregnancy with a SADS Condition" (EN)

Pregnancies, ventricular arrhythmias, and substrate progression in women with arrhythmogenic right ventricular cardiomyopathy in the Nordic ARVC Registry
Platonov PG, Castrini AI, Svensson A, et al. Europace. 2020 Dec 23;22(12):1873-1879
https://doi.org/10.1093/europace/euaa136

Effect of Pregnancy in Arrhythmogenic Right Ventricular Cardiomyopathy
Wu L, Liang E, Fan S et al. Am J Cardiol. 2020 Feb 15;125(4):613-617
https://doi.org/10.1016/j.amjcard.2019.11.008

Caring for the pregnant woman with an inherited arrhythmia syndrome
Roston TM, van der Werf C, Cheung CC et al. Heart Rhythm. 2020 Feb;17(2):341-348
https://doi.org/10.1016/j.hrthm.2019.08.004

Number of pregnancies and subsequent phenotype in a cross-sectional cohort of women with arrhythmogenic cardiomyopathy
Castrini, A., Lie, Ø, Leren, I. et al. Eur Heart J Cardiovasc Imaging. 2019 Feb 1;20(2):192-198
https://doi.org/10.1093/ehjci/jey061

2019 HRS expert consensus statement on evaluation, risk stratification, and management of arrhythmogenic cardiomyopathy
Towbin JA, McKenna WJ, Abrams DJ et al. Heart Rhythm. 2019 Nov;16(11):e301-e372
https://doi.org/10.1016/j.hrthm.2019.05.007

Pocket-Leitlinie: Kardiovaskuläre Erkrankungen in der Schwangerschaft (Version 2018)
Seeland U, Bauersachs J, Hilfiker-Kleiner D et al. Deutsche Gesellschaft für Kardiologie – Herz-und Kreislaufforschung e.V. (2019) ESC Pocket Guidelines
https://leitlinien.dgk.org/2019/pocket-leitlinie-kardiovaskulaere-erkrankungen-in-der-schwangerschaft/

2018 ESC Guidelines for the management of cardiovascular diseases during pregnancy: The Task Force for the Management of Cardiovascular Diseases during Pregnancy of the European Society of Cardiology (ESC)
Regitz-Zagrosek V, Roos-Hesselink JW, Bauersachs J et al. Eur Heart J, Volume 39, Issue 34, 07 September 2018, Pages 3165–3241
https://doi.org/10.1093/eurheartj/ehy340

Pregnancy course and outcomes in women with arrhythmogenic right ventricular cardiomyopathy
Hodes AR, Tichnell C, Te Riele AS et al. Heart. 2016 Feb 15;102(4):303-12
https://doi.org/10.1136/heartjnl-2015-308624

Pregnancy in women with an implantable cardioverter-defibrillator: is it safe?
Boulé S, Ovart L, Marquié C et al. Europace. 2014 Nov;16(11):1587-94
https://doi.org/10.1093/europace/euu036

Systematic review of pregnancy in women with inherited cardiomyopathies
Krul SP, van der Smagt JJ, van den Berg MP et al. Eur J Heart Fail. 2011 Jun;13(6):584-94
https://doi.org/10.1093/eurjhf/hfr040

Pregnancy in women with arrhythmogenic right ventricular cardiomyopathy/dysplasia
Bauce B, Daliento L, Frigo G et al. Eur J Obstet Gynecol Reprod Biol. 2006 Aug;127(2):186-9
https://doi.org/10.1016/j.ejogrb.2005.10.011


Letzte Aktualisierung: 04.10.2024

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