BERUF
Berufsleben & Ausbildung mit ARVC

ARVC-Betroffene sind sich häufig nach der Diagnose unsicher, in welchem Rahmen sie ihren Beruf noch ausüben können. 
Uns sind ARVC-Betroffene in den unterschiedlichsten Berufen bekannt. Ob die Erkrankung dabei beeinträchtigt, ist von Symptomen und Belastbarkeit sowie den Anforderungen im Beruf abhängig. Es empfiehlt sich, dieses Thema mit dem Arzt zu besprechen. Auch im Rahmen einer Reha können oft gezielt Fragen rund um Arbeits- und Belastungsfähigkeit geklärt werden.

ARVC – Sag ich’s auf der Arbeit?

Viele Arbeitnehmer überlegen, ob sie ihrem Arbeitgeber und den KollegInnen von ihrer chronischen Erkrankung erzählen sollen. Auf diese Frage gibt es keine pauschale Antwort. Hilfreiche Hinweise gibt es auf der Seite “Sag ich´s? Chronisch krank im Job” der Universität Köln, gefördert vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales.

Wahl des Arbeitsplatzes 

Mögliche Kriterien für die Wahl des Arbeitsplatzes:
  • Eigene Wünsche und Vorstellungen

  • Körperliche Belastbarkeit vs. Belastbarkeitsanforderungen

  • Schweregrad der Erkrankung

  • Eigen- und Fremdgefährdung bei Bewusstlosigkeit

  • Bei Defibrillator-Trägern: elektromagnetische Strahlung, Arbeit mit kritischen Geräten (siehe unten)

Berufsalltag

Herausforderungen gibt es fast in jedem Berufsalltag, egal ob ein Arbeitnehmer gesund oder krank ist. Auch die persönliche Stressresistenz und die Empfindung verschiedener belastender Situationen sind von Person zu Person sehr unterschiedlich. Was für den einen ein Problem darstellt, steckt ein anderer gut weg. Dies kann auch im Verlauf des Lebens und der Erkrankung variieren. 

Mögliche Probleme im Berufsalltag:
  • Job ist körperlich (zu) anstrengend (z.B. Möbelträger, Gartenbau, langes Stehen …)

  • Job ist psychisch (zu) belastend (Aufregung, starker Zeitdruck, sehr hohe externe Erwartungen an die Leistungsfähigkeit, emotionale Belastung…)

  • Schicht-/ Nachtdienst, unregelmäßiger Tagesrhythmus

  • Bereitschaftsdienste oder sehr lange Einsätze am Stück

  • Unvorhersehbare Arbeitszeiten und kurzfristige Änderungen, die eine Einteilung der eigenen Kräfte verhindern

Besondere Personengruppen

Manche Berufsgruppen sind starken elektromagnetischen Feldern ausgesetzt (MRT, Sicherheitsschleusen, Starkstromquellen, Barcode-Scanner, z.B. auch beim Kassieren). Die meisten modernen Defis sind gegen Magnetfelder gut abgeschirmt. Anders als im privaten Rahmen müssen im beruflichen Kontext allerdings meist strengere rechtliche Anforderungen berücksichtigt werden. Nach Implantation empfiehlt es sich deshalb, mit dem Arbeitgeber Rücksprache zu halten, um eine neue Bewertung der Sicherheit am Arbeitsplatz vorzunehmen. Dabei ist z.B. auch die zuständige Berufsgenossenschaft behilflich. Fachpersonal für Arbeitssicherheit kann entsprechende Messungen des Magnetfeldes vornehmen, um eine individuelle Lösung zu finden.

Wir verweisen hier auch auf eine Stellungnahme der deutschen Gesellschaft für Kardiologie (DGK):

Stellungnahme der deutschen Gesellschaft für Kardiologie (DGK) zum Umgang mit elektromagnetischer Interferenz (nicht nur) bei Defi-Trägern

Besondere Bestimmungen gibt es für Berufskraftfahrer. Je nach Situation dürfen sie aufgrund der Herzerkrankung nicht mehr Auto fahren. Achtung: diese Regelungen unterscheiden sich von den (weniger strengen) Vorschriften für privates Autofahren.

Lesen Sie hierzu Genaueres:

Begutachtungsleitlinien der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) zur Kraftfahreignung (Stand 01.06.2022)

Pocketleitlinie "Fahreignung bei kardiovaskulären Erkrankungen" der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie – Herz- und Kreislaufforschung e.V. (DGK) 2023

Selbstverständlich gelten die Einschränkungen bezüglich des Sportverhaltens auch für berufliche Entscheidungen. Eine Karriere als Leistungssportler ist für ARVC-Patienten also tabu. Bei Leistungssportlern besteht nachgewiesenermaßen die Gefahr eines früheren Ausbruchs und schnelleren Forschreitens der Erkrankung. Lesen Sie dazu auch unsere Sportseite. Wenn Sie noch vor der Entscheidung für eine Berufswahl stehen, ist es sinnvoll, von Berufen, die mit viel Sport verbunden sind (auch im Rahmen der Ausbildung), Abstand zu nehmen.

Und wenn es nicht mehr weiter geht?

Ob durch akute Probleme oder bei längerfristiger Verschlechterung: es gibt Situationen, in denen es nicht möglich ist, einer regelmäßigen Arbeit nachzugehen. Je nach Dauer und Grund des Arbeitsausfalls können unterschiedliche Maßnahmen angemessen sein.

Möglichkeiten bei akuter und langfristiger Berufsunfähigkeit:

Bei einem kurzfristigen Arbeitsausfall führt der Weg meist zum Hausarzt (oder Kardiologen), der eine klassische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ausstellt. 

Gesetzliche Krankenkassen zahlen maximal für 78 Wochen innerhalb von drei Jahren aufgrund derselben Erkrankung Krankengeld. Danach gilt man als “ausgesteuert”. Dann ist es möglich, Arbeitslosengeld zu beziehen, bis eine nachfolgende Leistung (z.B. Erwerbsminderungsrente) genehmigt wurde. 

In einigen Berufen ist es möglich, die Arbeitsbedingungen so anzupassen, dass die Arbeit auch mit Erkrankung gut zu bewältigen ist. Sei es durch Arbeiten von zuhause aus, durch Reduktion von Stunden oder durch Änderung der Aufgaben- und Verantwortungsbereiche. Hilfreich kann für solche Vorgänge ein Schwerbehinderten-Status sein. Viele Städte haben einen Integrationsfachdienst, der beratend zur Seite steht und auch bei der Kommunikation mit dem Arbeitgeber hilft. 

Möglicherweise wird Ihnen vom Arbeitsamt empfohlen, auf einen “leichteren” Job umzuschulen. Dies kann z.B. im Rahmen einer beruflichen Reha geschehen. Ein (medizinischer) Rehabericht kann hilfreich sein, Ansprüche darauf zu untermauern. Einige Betroffene haben erfolgreich eine Umschulung absolviert und sind in ihrem neuen Beruf glücklich. 

Nicht jeder ARVC-Patient kann auf Dauer einen Beruf voll ausüben, viele aber durchaus. Kann der erlernte Beruf nicht mehr ausgeübt werden, spricht man von Berufsunfähigkeit (ein anderer Beruf kann dann durchaus noch möglich sein). Von Erwerbsunfähigkeit spricht man, wenn jegliche Berufstätigkeit nicht mehr ausgeübt werden kann oder nur noch eingeschränkt möglich ist.

Wie ein Berentungsverfahren abläuft, hängt vom Rentenversicherungsträger ab. 

Bei den meisten Arbeitnehmern ist die deutsche Rentenversicherung (DRV) zuständig. Es wird zwischen einer Teilerwerbsminderung (Arbeitsfähigkeit 15-30 h pro Woche) und Vollerwerbsminderung (Arbeistfähigkeit < 15 h pro Woche) unterschieden. Detaillierte Informationen zum Antragsverfahren finden sich auf der Website der deutschen Rentenversicherung (> https://www.deutsche-rentenversicherung.de/DRV/DE/Rente/Kurz-vor-der-Rente/Wie-beantrage-ich-meine-Rente/Wie-beantrage-ich-meine-Rente_detailseite.html). 

Manche Arbeitnehmer haben die Möglichkeit, ihre Rentenversicherungsbeiträge an berufsständische Versorgungswerke zu zahlen (häufig z.B. bei Ärzten, Psychotherapeuten, Apothekern, Rechtsanwälten), die dann auch eigene Regelungen für die Berentung ihrer Mitglieder haben. 

Auch eine private Berufsunfähigkeitsversicherung kann hilfreich sein, wenn der erlernte Beruf nicht mehr ausgeübt werden kann.  

Bei voller Erwerbsminderung oder voller Berufsunfähigkeit besteht oft die Möglichkeit, zusätzlich für wenige Stunden einer geringfügigen Beschäftigung (“Minijob”) nachzugehen. Das kann helfen, ins Arbeitsleben eingebunden zu bleiben und die Rente etwas aufzustocken.

Zum Thema Versicherungen lesen Sie hier mehr.

Berufswahl und Ausbildung

Für junge Betroffene stellt sich die Frage, welchen Beruf sie mit oder trotz ARVC ergreifen können. Er soll die Erkrankung nicht fördern, gleichzeitig den eigenen Interessen entsprechen. Denn was leichter von der Hand geht, erspart Stress und fördert eine stabile psychische Gesundheit.

Grundsätzliche Überlegungen können sein:
  • Welche Leistungen werden in der Berufsausbildung/ Studium erwartet? Sind die Anforderungen auch mit der Erkrankung ohne größere Risiken zu erfüllen?

  • Gibt es Möglichkeiten, später bei Bedarf in ein ruhigeres Arbeitsfeld zu wechseln?

  • Wie sind die Möglichkeiten, von zuhause aus zu arbeiten oder in Teilzeit?

  • Für Defibrillatorträger: gibt es elektromagnetische Felder, die die Arbeitsmöglichkeiten einschränken würden?

 

Ist der Zielberuf gut mit der Erkrankung vereinbar und handelt es sich nur um einzelne ungeeignete Inhalte im Rahmen der Ausbildung, kann über einen Nachteilsausgleich häufig Ersatz oder Befreiung von entsprechenden Veranstaltungen bewirkt werden.

Website der Techniker Krankenkasse: Thema Aussteuerung (Letzter Zugriff: 14.08.2024)
https://www.tk.de/firmenkunden/service/fachthemen/fachthema-beitraege/aussteuerung-krankengeld-was-arbeitgeber-wissen-muessen-2079102

Website der Deutschen Rentenversicherung: Thema Erwerbsminderung (Letzter Zugriff: 14.08.2024)
https://www.deutsche-rentenversicherung.de/SharedDocs/Glossareintraege/DE/E/erwerbsminderung.html

Website "Einfach Teilhaben" (Bundesministerium für Gesundheit und Soziales): Thema Nachteilsausgleich (Letzter Zugriff: 14.08.2024)
https://www.einfach-teilhaben.de/DE/AS/Themen/Schwerbehinderung/Nachteilsausgleich/nachteilsausgleich_node.html


Letzte Aktualisierung: 07.10.2024