Bei (Verdacht auf) ARVC bzw. ACM sollte unbedingt ein 12-Kanal-Oberflächen-EKG durchgeführt werden. Neben dem Ruhe-EKG sollten auch ein Langzeit-EKG und eine Ergometrie durchgeführt werden, um die VES-Last und ein Auslösen von Arrhythmien durch körperliche Belastung (oder auch nach Ende der Belastung) beurteilen zu können.
Typisch für ARVC sind die T-Welleninversionen in den Brustwandableitungen (die deshalb besonders wichtig sind) und die Epsilonwelle.
- CAVE
Ein normales EKG schließt eine ARVC nicht aus. Sollte bei Ihnen kein 12-Kanal-EKG verfügbar sein, überweisen Sie zur Abklärung an eine/n Kollegin/Kollegen.
T-Welleninversion in den Brustwandableitungen
Die T-Welleninversion ist das markanteste Zeichen einer ARVC im EKG. Je nach Auftreten und Morphologie zählt sie als Major- oder Minorkriterium im Bereich Repolarisationsstörungen (s.a. Diagnosekriterien). Sie tritt nur bei 1% der Gesunden auf.
Die Ausprägung der negativen T-Welle korreliert mit dem Schweregrad der Vergrößerung und Fehlfunktion der rechten Herzkammer, sagt aber nichts über eine Beteiligung der linken Herzkammer aus.
- CAVE
Beachten Sie die richtige Platzierung der Elektroden in den Brustwandableitungen (diese werden oft zu hoch platziert).
Epsilonwelle (Epsilonpotential)
Die Epsilonwelle ist eine typische terminale Kerbe am Ende des QRS-Komplexes im aufsteigenden Teil der S-Zacke. Ursache für ihr Auftreten ist eine verlangsamte Reizleitung innerhalb des Ventrikels. Sie ist nur bei ca. 10% der diagnostizierten PatientInnen zu finden und typisch für die bereits etwas fortgeschrittenere ARVC. Ist ein signalgemitteltes EKG (SAECG) vorhanden, so wird die Epsilonwelle dort gut dargestellt.
Die Epsilonwelle zählt (noch) zu den Majorkriterien für ARVC im Bereich Depolarisations- und AV-Überleitungsstörungen, ist aber wegen der schwierigen Reproduzierbarkeit und der hohen Inter- und Intraobserver-Variabilität in ihrer Wertigkeit umstritten.
- CAVE
Ist die Epsilonwelle das einzige Diagnosekriterium, sollte man mit der Verdachtsdiagnose ARVC vorsichtig sein. Tritt eine echte ARVC-bedingte Epsilonwelle auf, sind praktisch immer auch noch andere Diagnosekriterien erfüllt.
Arrhythmien bei ARVC
Nicht-anhaltende oder anhaltende (>30 sec.) ventrikuläre Arrhythmien (VA) bzw. Tachykardien (VT) mit LSB-Konfiguration sind typisch für ARVC, bei superiorer Achse zählen sie als Major-, bei inferiorer oder unbekannter Achse als Minorkriterium. Häufig werden sie durch körperliche Aktivität und/oder emotionale Belastung ausgelöst.
Im 24h-Langzeit-EKG zählen >500 VES als Minorkriterium.
- CAVE
Das Auftreten eines Rechtsschenkelblocks kann ein Zeichen einer linksbetonten arrhythmogenen Kardiomyopathie sein, für die die Task-Force-Diagnosekriterien von 2010 häufig nicht zutreffen.
Andere EKG-Befunde bei ARVC
- Verbreiterung des QRS-Komplexes
> 110 ms in V1 bis V3 - Niedervoltage im QRS-Komplex (geringe R-Amplitude)
in den Extremitätenableitungen (≤ 0,5mV)
Beteiligung oder alleinige Betroffenheit des linken Ventrikels
Je weniger intaktes Herzmuskelgewebe, desto niedriger die Amplitude des QRS-Komplexes
derzeit kein Bestandteil der Diagnosekriterien - Verzögerter S-Zacken-Aufstrich
> 55 ms in V1–V3
Ausdruck der Erregungsleitungsstörung bei ARVC
Ein Winkel von >12,5% gegenüber dem absteigenden Ast der R-Zacke spricht für eine ARVC
derzeit kein Bestandteil der Diagnosekriterien - Vorhofflimmern
bei ca. 15 – 20% der PatientInnen Vorhofbeteiligung möglich
bei manchen Genvarianten häufiger (z.B. DSP)
- CAVE
Bei ARVC kann Vorhofflimmern eine Progredienz der Erkrankung bedeuten. Wegen der Apoplexgefahr muss eine Antikoagulation in Erwägung gezogen werden. Bei ICD-Trägern kann Vorhofflimmern zu inadäquaten Schocks führen.
Sonderform SAECG (signalgemitteltes EKG)
Das SAECG ist (noch) Teil der Task-Force-Diagnosekriterien von 2010, obwohl es nicht überall verfügbar ist und sein diagnostischer Wert umstritten ist. Daher gehört es nicht zur Standarddiagnostik bei ARVC. Wo vorhanden, kann eine Epsilonwelle gut nachgewiesen werden.
- CAVE
Das SAECG ist nur bei einer QRS-Dauer von ≤110 ms anwendbar.
EKG im Follow-Up
Meist nehmen im Krankheitsverlauf die T-Welleninversionen zu, während die R-Wellen-Amplitude abnimmt. Eine Epsilonwelle tritt typischerweise erst bei der bereits etwas fortgeschritteneren ARVC auf.
Mehr erfahren
Pocket-Leitlinie: Kardiomyopathien - Leitlinien für das Management von Kardiomyopathien (Version 2023)
Meder B, Eckardt L, Falk V et al. Deutsche Gesellschaft für Kardiologie – Herz- und Kreislaufforschung e.V. (2023) - ESC Pocket Guidelines, Börm Bruckmeier Verlag GmbH
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https://doi.org/10.1093/eurheartj/ehad194
Pocket-Leitlinie: Ventrikuläre Arrhythmien und Prävention des plötzlichen Herztodes (Version 2022)
Eckardt L, Bosch R, Falk V, et al. Deutsche Gesellschaft für Kardiologie – Herz- und Kreislaufforschung e.V. (2023) - ESC Pocket Guidelines, Börm Bruckmeier Verlag GmbH
https://leitlinien.dgk.org/2023/pocket-leitlinie-ventrikulaere-arrhythmien-und-praevention-des-ploetzlichen-herztodes-version-2022/
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Letzte Aktualisierung: 09.10.2024