HERZ-
TRANSPLANTATION

Patienten mit einer ARVC stellen nur eine kleine Gruppe von Herztransplantationskandidaten dar, denn glücklicherweise ist ein schwerer Verlauf, der eine Transplantation notwendig macht, selten. Dieser liegt vor, wenn entweder die Herzschwäche (Herzinsuffizienz) weit fortgeschritten ist, oder aber die Herzrhythmusstörungen nicht mehr beherrschbar sind.

Für die schwere, terminale Herzinsuffizienz (terminal heißt im Endstadium), wenn alle anderen medikamentösen und interventionellen Therapieansätze wie auch die Versorgung mit einem Defibrillator ausgeschöpft sind, ist die Herztransplantation der Goldstandard in der Behandlung. Die Betroffenen sind in der Regel so schwer in ihrer Leistungsfähigkeit eingeschränkt, dass bereits bei leichter körperlicher Belastung oder auch in Ruhe Symptome der Herzinsuffizienz, meistens Atemnot, auftreten und Pumpversagen droht. Allerdings ist bei ARVC-PatientInnen ist die Herzleistung, insbesondere der linken Herzkammer, noch sehr lange ausreichend. Zu einem Pumpversagen kommt es nur bei schweren Krankheitsverläufen, wenn im Spätstadium auch die Funktion der linken Herzkammer relevant eingeschränkt ist.

Bei nicht beherrschbaren Herzrhythmusstörungen kommt es trotz hochdosierter Medikamente und/oder Katheterablation zu lebensbedrohlichen Arrhythmien und wiederholten Schockabgaben des ICD. Dann kann auch bei mehr oder weniger gut erhaltener Pumpfunktion eine Herztransplantation angezeigt sein.

Steht eine Herztransplantation (abgekürzt HTX oder HTx) im Raum, löst die Auseinandersetzung mit dem Thema zunächst einmal große Ängste und Verunsicherung aus. Es gibt dazu kompetente Ansprechpartner, die viele drängende Fragen beantworten können und wertvolle Unterstützungsangebote leisten.

Notwendige Untersuchungen im Vorfeld

Grundsätzlich sollten mögliche Kandidaten für eine HTx in spezialisierten Transplantationszentren vorgestellt werden. Die Evaluationsuntersuchungen dienen in erster Linie dem Ausschluss von relevanten Kontraindikationen (z.B. bisher unerkanntes Tumorleiden, schwere generalisierte Atherosklerose), die das Ergebnis nach HTx negativ beeinflussen. Zusätzlich sollten mögliche andere Therapieoptionen geprüft werden. Die International Society for Heart and Lung Transplantation (ISHLT) hat Kriterien für eine Listung erarbeitet. Die einzelnen Transplantationszentren haben unterschiedliche Abläufe in der Evaluation möglicher Transplantationskandidaten. Die entsprechenden Kriterien werden in der von der Bundesärztekammer ausgegebenen Richtlinie zur Herztransplantation für die jeweilige Herzerkrankung beschrieben. Derzeit wird an einem aktualisierten Konsensus für die Kriterien gearbeitet. Ein Teil der folgenden Untersuchungen muss zum Teil regelmäßig wiederholt werden, um den Anspruch auf Listung weiter aufrecht zu erhalten:

  • Echokardiographie (Herzultraschall)
  • PET-CT zum Ausschluss von Tumoren
  • Lungenfunktionsprüfung, Spiroergometrie
  • Blutuntersuchungen zum Ausschluss von Tumoren und chronischen Infektionen
  • Rechtsherzkatheter mit Lungendruckmessung zum Ausschluss einer pulmonalen Hypertonie

(Ausschluss-)Kriterien für eine Listung zur HTx

Die aufgeführten Untersuchungen müssen zum Teil regelmäßig wiederholt werden, um den Anspruch auf Listung weiter aufrecht zu erhalten.

  • Altersgrenze
    keine festgeschriebene Altersgrenze (früher unter 65 Jahre), aber Listung nur bei noch guter Lebenserwartung
  • außer ARVC gesund, insbesondere keine sonstigen Herz-/Gefäßerkrankungen, z.B.
    keine pulmonale Hypertonie
    keine schwere periphere arterielle Verschlusskrankheit
    kein Tumorleiden (bzw. 2-5 Jahre Tumorfreiheit ohne höheres Rezidivrisiko)
    keine irreversible Niereninsuffizienz
    keine andere schwerwiegende Erkrankung
    Nichtraucher (auch keine E-Zigaretten), denn Nikotinkonsum begünstigt unter immunsuppressiver Therapie nach HTx das Wachstum bösartiger Tumoren
  • kein Missbrauch von Alkohol und/oder Drogen
  • Body-Mass-Index sollte <35 kg/m² sein
  • Vorhandensein eines unterstützenden Umfelds zur Gewährleistung einer optimalen Heilungsphase nach der HTx

Listung für eine HTx

Der Organmangel in Deutschland führt zu der Notwendigkeit, Wartelisten und Verteilungsregeln aufzustellen. Nach Ausschluss von relevanten Kontraindikationen (s.o.) kann die multidisziplinäre Transplantationskonferenz eines jeden Zentrums in Anbetracht des klinischen Zustands eines Patienten beschließen, den Kandidaten auf die Warteliste zur Herztransplantation aufzunehmen. Dabei gilt es eine Nutzen-Risiko-Abwägung durchzuführen mit Blick auf die Dringlichkeit (klinischer Zustand des/r Betroffenen) und die Erfolgsaussicht einer Transplantation.

Ein zur Herztransplantation gelisteter Patient hat üblicherweise einen normalen Dringlichkeitsstatus („T“-Status, das T steht für transplantabel). Mit der Listung zur Herztransplantation müssen die Patienten durchgehend erreichbar und abrufbar sein, da eine Herztransplantation akut und nicht planbar ist.

Erst wenn der Zustand lebensbedrohlich ist oder keinerlei Aussicht auf Besserung des Zustands des Herzens, kann das Transplantationszentrum einen Antrag auf Hochdringlichkeit stellen („HU“-Status, HU steht für „High Urgency“). Hierfür müssen sehr strenge Kriterien erfüllt sein und die klinische Dringlichkeit detailliert dokumentiert werden. Hoch-dringliche Patienten sind in der Regel so schwer erkrankt, dass sie die gesamte Wartezeit auf das Herz auf jeden Fall im Krankenhaus verbringen müssen, und zwar auf einer Intensiv- oder Überwachungsstation, einer Intermediate-Care-Station oder in einer Heart-Failure-Unit.

Der Antrag auf HU-Listung erfolgt durch den Arzt/die Ärztin bei Eurotransplant in Leiden (NL). Eine erste Listung wird nach Abschluss aller Untersuchung und der Begutachtung durch eine Kommission erst einmal nur für 4 Wochen gewährt. Bei Ablehnung besteht die Möglichkeit, Widerspruch einzulegen. Eine erneute Listung wird für weitere 8 Wochen gewährt, wenn die Voraussetzungen dafür immer noch gegeben sind. Nach Ablauf dieser Zeit muss der Antrag alle 8 Wochen wieder und wieder gestellt werden, bis ein Organ zur Verfügung steht. 

Warten auf das Herz

Die Wartezeiten zwischen Listung bis zur Transplantation sind nur schwer kalkulierbar und hängen unter anderem von der Blutgruppe und Körpergröße des Empfängers ab. PatientInnen mit selteneren Blutgruppen und „Normgröße“ werden eher früher transplantiert.

Das Warten auf ein Organ ist eine Zeit, in denen die PatientInnen extremen psychischen Belastungen ausgesetzt sind. Es zerrt an den Nerven, nicht genau zu wissen, wann und ob ein neues Herz kommt, ob man bis dahin überlebt, ob die Kriterien für eine (HU-)Listung noch gegeben sind und der nächste Antrag bewilligt wird…

Bei HU-Listung sind Freigänge höchstens auf dem Krankenhausgelände und in der Regel nur unter ärztlicher Aufsicht (und deswegen extrem selten) möglich. Eine Auszeit zuhause ist nicht möglich, da sonst das Dringlichkeitsargument wegfiele. Diese Isolierung ist für die PatientInnen extrem belastend.

Selbsthilfegruppen stehen zur Unterstützung der Patienten und Patientinnen vor und nach der Transplantation bereit.

Das Spenderherz

Üblicherweise melden die Spenderkrankenhäuser über die Deutsche Stiftung Organtransplantation mögliche Spender bei Eurotransplant an. Bei Eurotransplant werden dann passende Empfänger ausgewählt, wobei der dringlichste Patient mit der längsten Wartezeit das Spenderorgan als erstes angeboten bekommt. Hierzu nimmt Eurotransplant Kontakt mit dem zuständigen Transplantationszentrum auf und transferiert Informationen über den Spender. Diese umfassen in der Regel eine kurzfristige Krankengeschichte, Informationen zu Blutgruppe, Größe, Gewicht und Untersuchungsergebnisse bzgl. Organfunktionen. Blutgruppen von Spender und Empfänger müssen identisch oder zumindest verträglich sein. Zusätzlich sollten Größe und/oder Gewicht von Empfänger und Spender einigermaßen übereinstimmen. Abweichungen zwischen 10 und 20 Prozent sind im Einzelfall akzeptabel. Dies hängt von verschiedenen medizinischen Gesichtspunkten ab (Dringlichkeitsstatus, Höhe des Lungengefäßwiderstandes, Voroperationen). Beim Empfänger darf keine aktive Infektion vorliegen. Auf der Basis dieser Informationen können die Zentren dann das Organangebot annehmen oder bei z.B. schlechter Organqualität ablehnen. Bei nur rund 20% aller Organspender kommt es auch tatsächlich zu einer Herzspende. Nach Annahme des Organangebotes wird der Empfänger in das Transplantationszentrum transferiert und für die Transplantation vorbereitet. Bei einer Herztransplantation entsendet das Zentrum parallel dazu ein Entnahmeteam, welches dann vor Ort im Spenderkrankenhaus nochmals die Spenderherzqualität überprüft. Die Ärzte der beiden Transplantationsteams entscheiden, ob Spender- und Empfängerorgan optimal zusammenpassen. Erst wenn bei der Entnahme eine hohe Qualität des Spenderherzens festgestellt werden kann, findet die geplante HTx auch wirklich statt. Dies bedeutet aber leider auch, dass manchmal die HTx am Ende nicht stattfinden kann, wenn bei der Entnahme Qualitätsmängel des Spenderherzens festgestellt werden. Im Einzelfall bedeutet das, dass der Empfänger zwar vorbereitet wurde, aber dann wieder zurückgeschickt wird (nach Hause oder auf die Warte-Station). Für die Betroffenen bedeutet das eine riesige Achterbahnfahrt der Gefühle.

Die OP und die Zeit danach

Eine Herztransplantation ist mittlerweile in den Transplantationszentren ein Routineeingriff, der ungefähr 3-6 Stunden dauert. Nach der Operation werden die Patienten üblicherweise auf einer Intensivstation überwacht und so kurz wie möglich beatmet. Es wird mit einer immunsuppressiven Therapie begonnen, um eine Abstoßung des Organs zu verhindern, zunächst über eine Infusion, später in Tablettenform. Die PatientInnen werden dann geschult, diese Medikamente regelmäßig einzunehmen. Wegen möglicher Nebenwirkungen müssen die Medikamentenspiegel im Blut regelmäßig überprüft werden. Die Dosierungen der einzelnen Präparate werden über die Zeit nach Transplantation bis zu einer langfristigen Erhaltungsdosis gesenkt. Bei stabil eingestellter Medikation sind die notwendigen Blutproben nur noch sporadisch notwendig und können vom Hausarzt entnommen und zur Analyse in das Transplantationszentrum verschickt werden.     

Herztransplantation in Deutschland

Für jedes gemeldete Spenderorgan wird bei Eurotransplant anhand der vorliegenden Patientendaten die in Frage kommenden Empfänger ermittelt. Spender und Empfänger müssen die gleiche Blutgruppe besitzen. Zusätzlich sollten Größe und/oder Gewicht von Empfänger und Spender einigermaßen übereinstimmen. Abweichungen zwischen 10 und 20 Prozent sind im Einzelfall akzeptabel. Dies hängt von verschiedenen medizinischen Gesichtspunkten ab (Dringlichkeit der Transplantation, Höhe des Lungengefäßwiderstandes, Voroperationen). Die Ärzte der beiden Transplantationsteams entscheiden, wenn Spender- und Empfängerorgan optimal zusammenpassen.

Das mit Abstand größte Transplantationszentrum Deutschlands ist in Bad Oeynhausen, wo jährlich ungefähr ein Viertel aller Herzen in Deutschland transplantiert werden. In weiteren 6 Zentren werden mindestens 20, in 3 weiteren mindestens 10 Herzen im Jahr transplantiert.

Ab 2026 werden nur noch Zentren herztransplantieren dürfen, die mindestens 10 HTx durchführen, damit würden 8 der Zentren, die in 2022 noch transplantiert haben, wegfallen (s. Pressemitteilung des Gemeinsamen Bundesausschusses G-BA).

Mehr zu den Statistiken einzelner Zentren und Informationen rund um die Organspende finden Sie auf der Seite der Deutschen Stiftung Organtransplantation DSO, z.B. die Jahresberichte der DSO und die Berichte der Transplantationszentren.

Unterstützung

Selbsthilfegruppen und -organisationen leisten wertvolle Unterstützung vor und nach der HTx. Regionalgruppen und persönliche Ansprechpartner in ganz Deutschland finden Sie beim BDO – Bundesverband der Organtransplantierten e.V..

Persönliche Erfahrungen aus unserer Gruppe bestehen für die Selbsthilfegruppe in Nordrhein-Westfalen Selbsthilfe Organtransplantierter NRW e.V.. Der Verein berät PatientInnen vor und nach Organtransplantation.

Der Verein transplantiert e.V. mit Sitz in Berlin ist ebenfalls für Transplantierte da.

Kontakt zu einem Herztransplantierten

Bei Bedarf können wir Kontakt zu einem bereits transplantierten ARVC-Patienten herstellen, der Ihnen von seinen individuellen Erfahrungen berichten kann, wenn bei Ihnen eine Herztransplantation im Raum steht oder wenn Sie ein/e herztransplantierter ARVC-Patient/in sind und sich mit jemandem austauschen wollen, der Ähnliches durchgemacht hat wie Sie.

Voraussetzung für die Möglichkeit der Kontaktaufnahme ist aus Datenschutzgründen die Aufnahme in unseren Mailverteiler.

Für die Kontaktaufnahme selbst schreiben Sie eine E-Mail an htx@arvc-selbsthilfe.org oder rufen Sie die Telefonnummer +49 176 35751848 an (nach 16 Uhr).

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FAQ Herztransplantation – Häufig gestellte Fragen

Nein, die genetische Information in den Herzmuskelzellen ist die des Spenders, so dass das transplantierte Herz keine ARVC mehr bekommen kann.

Leider ja: zwar fehlt die Geninformation in den Herzmuskelzellen des neuen Herzens, aber die Erbinformation der ARVC-Genvariante ist in den Spermien und Eizellen und im sonstigen Körper immer noch vorhanden und kann deshalb auch an eventuelle Kinder weitervererbt werden.

Nach einer Herztransplantation ist (nach den ersten herausfordernden Wochen und Monaten direkt nach der OP) unter gewissen Spielregeln ein normales Leben möglich. Herztransplantierte sind in der Regel normal belastbar und können wieder am Arbeits- und Privatleben teilnehmen. Für Betroffene mit ARVC ist die Rückkehr zum Sport eines der größten Highlights, und die Tatsache, dass man keine Angst mehr vor lebensbedrohlichen Herzrhythmusstörungen und/oder ICD-Schocks haben muss.  

Da von ARVC/ACM Betroffene weniger Begleiterkrankungen haben und im Schnitt jünger sind als andere Transplantierte, haben sie deutlich geringere Komplikationsraten und bessere Überlebenschancen als viele andere Herztransplantierte. Die durchschnittliche Lebensdauer eines verpflanzten Herzens ist 15 – 20 Jahre. Mittlerweile gibt es aber Herztransplantierte, die 30 Jahre lang mit ihrem neuen Organ leben.

In den letzten Jahren ist jedes Jahr nur ein Mitglied der ARVC-Selbsthilfe herztransplantiert worden. Alle OPs verliefen erfolgreich. Einige waren T-gelistet und bekamen den entscheidenden Anruf zuhause, einige verbrachten die Wochen oder Monate auf der HU-Liste im Krankenhaus. Die Wartezeit vom Zeitpunkt der Listung bis zur OP betrug wenige Wochen bis fünf Monate.  

Neubekanntmachung 2023 der Richtlinien zur Wartelistenführung und Organvermittlung der Bundesärztekammer gem. § 16 Abs. 1 S. 1 Nrn. 2 u. 5 TPG
Bekanntgabe in DtschÄrztebl 2023, 120 [3]: A 116
https://www.bundesaerztekammer.de/baek/ueber-uns/richtlinien-leitlinien-empfehlungen-und-stellungnahmen/transplantationsmedizin/wartelistenfuehrung-und-organvermittlung-1

Neue Mindestmenge macht Herztransplantationen sicherer
Pressemitteilung | Qualitätssicherung des Gemeinsamen Bundesausschusses der Krankenkassen vom 16.11.2023
https://www.g-ba.de/presse/pressemitteilungen-meldungen/1146/

Heart transplantation outcomes in arrhythmogenic right ventricular cardiomyopathy: a contemporary national analysis
Giuliano K, Scheel P III, Etchillin E et al. ESC Heart Failure, Volume9, Issue2, April 2022, Pages 988-997
https://doi.org/10.1002/ehf2.13687

2019 HRS expert consensus statement on evaluation, risk stratification, and management of arrhythmogenic cardiomyopathy
Towbin JA, McKenna WJ, Abrams DJ et al. Heart Rhythm Volume 16, ISSUE 11, e301-e372, November 01, 2019
https://doi.org/10.1016/j.hrthm.2019.05.007

The 2016 International Society for Heart Lung Transplantation listing criteria for heart transplantation: A 10-year update
Mehra MR, Canter CE, Hannan MM et al. J Heart Lung Transplant. 2016 Jan;35(1):1-23
https://doi.org/10.1016/j.healun.2015.10.023


Letzte Aktualisierung: 01.10.2024

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