GENVARIANTEN

Es werden ständig neue ARVC verursachende Gene entdeckt. Einige finden sich sehr häufig und gelten als besonders typisch für ARVC, andere sind selten, und es nicht immer einfach, einen Zusammenhang mit der Erkrankung nachzuweisen. Ein Teil der Genvarianten verursacht linksbetonte oder biventrikuläre (beidseitige) Formen, die nach der neuen Nomenklatur der ESC von 2023 teilweise unter der nicht-dilatativen linksventrikulären Kardiomyopathie (NDLVC) und der dilatativen Kardiomyopathie (DCM) eingeordnet werden.

 

Typische Genvarianten

Varianten in diesen Genen verursachen sicher ARVC bzw. NDLVC oder DCM

  • PKP2 (Plakophilin-2), häufigstes Gen
  • DSP (Desmoplakin)
  • DSG2 (Desmoglein-2)
  • DSC2 (Desmocollin-2)
  • JUP (Junction Plakoglobin), auch PKG (Plakoglobin)
  • TMEM43 (Transmembran-Protein 43)
  • DES (Desmin)
  • PLN (Phospholamban)


Diese Mutationen verursachen auch ARVC bzw. NDLVC oder DCM

  • FLNC (Filamin C)
  • LMNA (Lamin A) 

Darüber hinaus gibt es noch einige seltenere Gene, die gelegentlich bei ARVC-Patienten nachgewiesen werden können.

Die Empfehlungen, wie viele getestet werden sollten, variieren: Das Konsensuspapier der Heart Rhythm Society von 2019 empfiehlt die Testung von 15 Genen (BAG3, DES, DSC2, DSG2, DSP, FLNC, JUP, LDB3, LMNA, NKX2-5, PKP2, PLN, RBM20, SCN5A und TMEM43), ein europäisch-internationales Konsensuspapier zur genetischen Testung von Herzerkrankungen von 2022 empfiehlt obige 10 Gene, während eine internationales Consortium zum Schluss kommt, dass nur die ersten 8 Gene eine ausreichende Beweislage für die Verursachung von ARVC haben.

Einen Überblick über alle möglichen für ARVC verantwortliche Genvarianten (auch die sehr seltenen) und die Besonderheiten einzelner Genvarianten finden Sie im Fachwissens-Teil unter “Besonderheiten einzelner Genvarianten“.

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FAQ Genvarianten – Häufig gestellte Fragen

Definitiv ja! Bei unterschiedlichen Genvarianten sind unterschiedliche Risiken und Krankheitsverläufe bekannt. Mehr zu den Besonderheiten der einzelnen Genvarianten finden Sie im Fachwissensteil.

Die Familiengeschichte kann bereits einen Hinweis auf ein hohes oder niedriges Risiko liefern. Allerdings sind viele Familien bekannt, bei denen es trotz der gleichen Variante völlig unterschiedliche Krankheitsverläufe gibt. Warum das so ist, ist noch weitgehend unbekannt. Ein Faktor, der sicherlich eine Rolle spielt, ist das Sportverhalten. Familienmitglieder, die Leistungssport oder hochintensiven Sport betrieben haben, erkranken meist schwerer und früher.

Definitiv ja! Bei ungeklärten Rhythmuserkrankungen mit Synkopen und/oder einem auffälligen EKG werden manchmal nicht nur Gene für eine Erkrankung, sondern für mehrere arrhythmogene Erkrankungen gefunden. Meist haben Patienten mit mehreren Genvarianten auch ein höheres Risiko für gefährliche Herzrhythmusstörungen.

Andererseits kann eine Veränderung in einem bestimmten Gen sich bei einem Patienten wie eine ARVC äußern, beim anderen wie eine andere Herzerkrankung (medizinisch nennt man das „Phänotyp). Überlappungen gibt es z.B. mit anderen Kardiomyopathien wie HCM oder DCM, aber auch mit Ionenkanalerkrankungen wie Brugadasyndrom, CPVT oder anderen.

Eine ARVC-typische Genvariante heißt noch nicht, ARVC zu haben, sondern nur die Anlage dafür. Nur wenn zusätzlich Symptome oder krankhafte Befunde dazukommen, hat man ARVC (s.a. Diagnosekriterien). Man kann als Anlageträger auch das ganze Leben lang gesund bleiben.
Einen ICD brauchen reine Genvariantenträger in der Regel nicht (Ausnahmen gibt es lediglich bei bestimmten Hochrisiko-Genvarianten oder einem bekannten hohen Risiko in der Familie).

Diese Formulierung ist irreführend. Wahrscheinlich ist gemeint: Sie haben eine Veränderung in einem ARVC-Gen, eine Genvariante.
Jeder Mensch hat ARVC-Gene und auch Unterschiede in der DNA, die zu verschiedenen Merkmalen beitragen. Die meisten dieser Unterschiede (sogenannte Polymorphismen) bereiten uns keine gesundheitlichen Probleme.
Nur bestimmte Veränderungen in einem der für ARVC typischen Gene (sogenannte Genvarianten, bisher als Genmutationen bezeichnet) führen zu der Erkrankung bzw. der Anlage zu der Erkrankung und werden deshalb als krankheitsverursachend bezeichnet.

Sind die Genvarianten als (wahrscheinlich) pathogen, d.h. (wahrscheinlich) krankheitsverursachend eingestuft worden, kann die Wahrscheinlichkeit für einen schwereren Krankheitsverlauf höher sein. Je nach Konstellation wird daher in diesem Fall etwas häufiger zur Implantation eines ICD geraten. Die Entscheidung sollte aber immer individuell, je nach Familiengeschichte, von einem erfahrenen Arzt getroffen werden.

Gendiagnostik bei kardiovaskulären Erkrankungen – Konsensuspapier der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie (DGK), der Gesellschaft für Humangenetik (GfH) und der Deutschen Gesellschaft für Pädiatrische Kardiologie (DGPK)
Schulze-Bahr E, Klaassen S, Gerull B et al., Kardiologie 2023; 17:300–349
https://doi.org/10.1007/s12181-023-00622-3

Pocket-Leitlinie: Kardiomyopathien - Leitlinien für das Management von Kardiomyopathien (Version 2023)
Meder B, Eckardt L, Falk V et al. Deutsche Gesellschaft für Kardiologie – Herz- und Kreislaufforschung e.V. (2023) - ESC Pocket Guidelines, Börm Bruckmeier Verlag GmbH
https://leitlinien.dgk.org/2024/pocket-leitlinien-kardiomyopathien-version-2023/

2023 ESC Guidelines for the management of cardiomyopathies
Arbelo E, Protonotarios A, Gimeno JR et al. ESC Scientific Document Group, Eur Heart J. 2023 Aug 25:ehad194
https://doi.org/10.1093/eurheartj/ehad194

Vortrag „Genetik bei ARVC“
Prof. Dr. med. Eric Schulze-Bahr, Institut für Genetik von Herzerkrankungen, Universitätsklinikum Münster
Symposium "ARVC-Selbsthilfe trifft Fachwissen", München, 17.06.2023
https://www.youtube.com/watch?v=XprLLxfLHso

Vortrag „ACM: Kausale Gene, Umgang mit Varianten unklarer Signifikanz (VUS) und genetische Diagnostik bei Kindern“
PD Dr. med. Dominik Westphal, Munich Consortium des European Reference Networks ERN GUARD-Heart, Klinikum Rechts der Isar der TU München
Symposium "ARVC-Selbsthilfe trifft Fachwissen", München, 16.06.2023
https://www.youtube.com/watch?v=XprLLxfLHso

Pocket-Leitlinie: Ventrikuläre Arrhythmien und Prävention des plötzlichen Herztodes (Version 2022)
Eckardt L, Bosch R, Falk V, et al. Deutsche Gesellschaft für Kardiologie – Herz- und Kreislaufforschung e.V. (2023) - ESC Pocket Guidelines, Börm Bruckmeier Verlag GmbH
https://leitlinien.dgk.org/2023/pocket-leitlinie-ventrikulaere-arrhythmien-und-praevention-des-ploetzlichen-herztodes-version-2022/

2022 ESC Guidelines for the management of patients with ventricular arrhythmias and the prevention of sudden cardiac death
Zeppenfeld K, Tfelt-Hansen J, de Riva M et al. Eur Heart J. 2022 Oct 21;43(40):3997-4126
https://doi.org/10.1093/eurheartj/ehac262

European Heart Rhythm Association (EHRA)/Heart Rhythm Society (HRS)/Asia Pacific Heart Rhythm Society (APHRS)/Latin American Heart Rhythm Society (LAHRS) Expert Consensus Statement on the State of Genetic Testing for Cardiac Diseases
Wilde AAM, Semsarian C, Márquez MF et al. Heart Rhythm. 2022 Jul;19(7):e1-e60
https://doi.org/10.1016/j.hrthm.2022.03.1225

2019 HRS expert consensus statement on evaluation, risk stratification, and management of arrhythmogenic cardiomyopathy
Towbin JA, McKenna WJ, Abrams DJ et al. Heart Rhythm Volume 16, ISSUE 11, e301-e372, November 01, 2019
https://doi.org/10.1016/j.hrthm.2019.05.007

Vortrag „Genetik bei ARVC, molekulare Autopsie und Register“
Prof. Dr. rer. nat. Hendrik Milting, Kardiogenetik Herz- und Diabeteszentrum Bad Oeynhausen
Prof. Dr. Peter van Tintelen, Kardiogenetik, UMC Utrecht, Niederlande
Symposium "ARVC-Selbsthilfe trifft Fachwissen", München, 23.02.2019
Vortragsfolien
https://www.youtube.com/watch?v=PzkIJuaihoQ

Arrhythmogenic Right Ventricular Cardiomyopathy: An Update on Pathophysiology, Genetics, Diagnosis, and Risk Stratification
Paul M, Wichter T, Fabritz L et al. Herzschrittmacherther Elektrophysiol. 2012 Sep;23(3):186-95
https://doi.org/10.1007/s00399-012-0233-7

Die arrhythmogene rechtsventrikuläre Dysplasie/Kardiomyopathie
Saguner A, Brunckhorst C, Duru F. Cardiovascular Medicine 2011; 14 (11): 303-314
https://cardiovascmed.ch/article/doi/cvm.2011.01623


Letzte Aktualisierung: 01.10.2024

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